Diesmal waren es nur einige hundert Gäste, insgesamt weniger Besuchende als beim ersten Bezirkskirchentag 2017. Die Veranstaltenden führten dies auf die große Hitze zurück, aber auch auf eine sich ausbreitende Kirchenmüdigkeit. Umso mehr Eindruck machte das große Engagement ehrenamtlich Engagierter vor uns hinter den Kulissen, denen schließlich der gesamte Kirchentag gewidmet war. „Segensreich“ sei es, wo sich Menschen in evangelischen Kirchengemeinden einsetzen und dafür sorgen, dass diese als Gemeinschaft lebendig und erkennbar sind, so Dekan Ekkehard Leytz (Eberbach) nach der Veranstaltung.
„Ich höre in der Bibel den Ruf Gottes zum Aufbruch in den Gemeinden“. So legte Oberkirchenrat Wolfgang Schmidt (Karlsruhe) den biblischen Text von Abraham und seinem Aufbruch in unbekanntes, neues Land im morgendlichen Festgottesdienst aus. Schmidt ist seitens der Landeskirche für den ganzen Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach zuständig.
Zur Suche nach einer neuen und gemeinsamen Vision von Kirche forderte Dr. Barbara Scheuble (Wiesenbach), die Vorsitzende der Bezirkssynode die Gottesdienstbesuchenden auf. Wenn es um den Struktur- und Transformationsprozess der Kirche gehe, wünsche sie sich Segen für die Kirche, so die Juristin. Die Kirche sei im „Althergebrachten“ verharrt, sagte Scheuble. Der Kirchenaustritt gehöre heutzutage „schon fast zum guten Ton“. Der Strukturprozess sei eine Reaktion auf sinkende Kirchenmitgliederzahlen, Einnahmen und Pfarrermangel. Vorausschauendes Denken sei zwar grundsätzlich gut, aber es sei in ihren Augen der „falsche Weg“. Dadurch gehe die Kirche weiter auf einem Weg zunehmender Bedeutungslosigkeit der Kirche in der Gesellschaft. Scheuble: „Als Juristin könnte ich auch sagen: Man bereitet die geordnete Insolvenz vor“. Dabei gäbe es so viele Chancen, eine neue Vision für Kirche zu entwickeln. Martin Luther hätte vor mehr als 500 Jahren die Vision des liebenden Gottes gehabt- „und wir?“ fragte Scheuble. „Jetzt bestünde die Gelegenheit nach den Bedürfnissen der Menschen zu schauen und sie abzuholen“. Menschen hätten das Bedürfnis nach Orientierung und Sinn. Die Kirche habe einen tradierten Schatz an Lebenserfahrung in der Bibel, den Liedern, den Gemeinden. Scheuble: „Für eine Vision bitte ich um Gottes Segen“. Dazu kamen weitere geistliche Impulse im Festgottesdienst von Elisa Rupp, Jungscharleiterin und Bezirkssynodale, Bürgermeister Peter Reichert und den Prädikantinnen Barbara Coors und Ulrike Glatz.
Dass Gemeinden und Kirche vom Mitwirken der Gemeindemitglieder leben, zeigte das Engagement vieler ehrenamtlich Helfender beim Bezirkskirchentag bei der Organisation, beim Auf- und Abbau, an den Marktständen und in der Verköstigung der Gäste. Die Diakonie zeigte auf dem Markt der Möglichkeiten ihre sozialen und caritativen Angebote und damit auch, wohin ein Großteil der Kirchensteuermittel fließt. Die Hospizgruppe Eberbach stellte sich vor, in der Ehrenamtliche sterbende Menschen begleiten, auch die Initiative „Ökumenischer Pilgerweg Wiesenbach“ zeigte, was möglich ist, wenn Menschen sich engagieren. Um Bewahrung der Schöpfung und verantwortungsvollen Umgang ging es bei dem Stand „Grüner Gockel“, in dem Gemeinden Initiativen zum Klimaschutz vorstellten. Die kleinen Kirchengemeinden Michelbach und Unterschwarzach schließlich zeigten, wie Onlinegottesdienste in der Pandemie neue Formen von Gemeinde erschlossen. In Eberbach haben Ehrenamtliche spontan eine Singgruppe für und mit Flüchtlingen aus der Ukraine gegründet, die auf der Bühne am Leopoldsplatz Lieder sang. Für Mittagessen, Kaffee und Kuchen sorgten örtliche Vereine und Anbieter und umsichtige Mitglieder der Gemeinden in Eberbach und Umgebung. Die Anonymen Saxophoniker und das Akkordeonorchester Eberbach machten ebenso Musik wie Chöre und Bläser aus dem ganzen Kirchenbezirk. Das Projekt „Mittendrin“ des Kirchenbezirks informierte, wie Kirche zu den Menschen gehen kann.
Angebote für Kinder und Jugendliche zeigten, dass auch die Kleinsten mit im Blick waren. Eine Ausstellung zu 500 Jahre Bibelübersetzung in der Michaelskirche mit Musik sorgten dafür, dass ein Teil des Bezirkskirchentages an einem eher kühlen Ort stattfinden konnte.
Als innovativ wurde auf diesem zweiten Bezirkskirchentag der Lobpreisgottesdienst mit der Kraichgauer Band Everlasting Hope angesehen. Moderne Kirchenmusik zu der sich vor allem die jüngeren Besuchenden hingezogen fühlten mit einer Predigt von Pfarrerin Angelika Schmidt (Schwarzach), in der es um das Alltagserleben von Christen ging und wie ihre Gewissheit gestärkt werde, dass Gott größer ist als die Widrigkeiten des Lebens.
Zum Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach gehören derzeit 28 Gemeinden mit rund 30.000 Mitgliedern.
Text: Pfarrerin Angelika Schmidt, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenbezirkes Neckargemünd-Eberbach
1. Mose 12,1-4a
Liebe Festgemeinde,
es ist schön, heute Morgen bei Ihnen zu sein! Es ist schön, heute Morgen diesen großen Gottesdienst miteinander zu feiern! Und besonders schön ist das Thema „Segensreich“. Der Segen Gottes steht im Mittelpunkt dieses Festes...
Video: Pfarrerin Angelika Schmidt, Beauftragte für Öffentlichkeitsarbeit des Kirchenbezirkes Neckargemünd-Eberbach
Barbara Coors,
Prädikantin im Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach
Impuls von Barbara Coors, Prädikantin im Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach
Im Gottesdienst des Bezirkskirchentages 2022 in Eberbach
„Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“, fordert Jakob, der mit seinen 2 Frauen und seinen Kindern auf der Flucht ist.
Manchmal muss frau oder man kämpfen,
um Liebe und Segen, oder um den Segen für die Liebe.
Andere Menschen, ja gar die Kirche verweigern den Segen.
„Das kann ich nicht gut-heißen, das ist nicht gott-gewollt“ urteilen sie.
Segen verweigern – was für ein Schmerz
„Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn“.
Verfolgt, verleumdet und nicht gesegnet:
Queere Menschen in Regenbogenbeziehungen
Kämpfen schon lange um ihre Rechte und um „Segen“.
Keiner kann allein Segen sich bewahren.
Weil du reichlich gibst, müssen wir nicht sparen.
Segen kann gedeihn, wo wir alles teilen,
Schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.
Seit 2016 gilt in der evangelischen Kirche Baden der Segen für alle Paare.
Endlich.
Schlimmen Schaden heilen, lieben und verzeihn.
Segen, den wir so reichlich von Gott empfangen aus Gnade und Liebe.
Den können wir nicht horten und nach eigenem Gutdünken austeilen.
Dann verrottet er in uns und gärt wie schlechter Kompost.
Nein, Geben, Schenken, Teilen –
die Arme weit ausbreiten und dem und der Anderen sagen:
Du bist gut, du bist geliebt,
geh unter Gottes Segen, Gottes Gnade, Gottes Liebe.
Ich lasse Dich, wie Du bist und segne Dich!
Der Evangelische Kirchenbezirk Neckargemünd-Eberbach verwendet beim Evangelischen Bezirkskirchentag 2022 in Zusammenarbeit mit conceptflow nur Druckprodukte aus umweltfreundlichen Materialien (z. B. mit dem Blauen Engel ausgezeichnetes Recyclingpapier aus 100 % Altpapier).